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Deutschlandfunkbeitrag: Reform des Betreuungsrechts

Am 17.08.2020 ist auf Deutschlandfunk Kultur ein Beitrag zur Reform des deutschen Betreuungsrechts mit dem Titel „Reform des Betreuungsrechts - Das Ringen um mehr Selbstbestimmung“ erschienen (Link zum Beitrag bei Deutschlandfunk Kultur). Neben einer interessanten Darstellung eines Betreuten und der Arbeit seines rechtlichen Betreuers geht der Beitrag auch auf die Mängel des Betreuungsrechts und die geplante Reform ein.


Worum geht es bei der dieser Reform?

Auf dem Weg zur Modernisierung des deutschen Betreuungsrechts ist man nun einen Schritt weiter: Am 23.06.2020 hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) einen Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Betreuungsrechts veröffentlicht (Link zum Gesetzesentwurf des BMJV).

Dieser knapp 500-seitige Gesetzesentwurf sieht eine Änderung von insgesamt 46 Gesetzen vor.

Das Gesetzespaket umfasst u. a. folgende Vorschläge (zitiert nach BMJV [1]):

  • Das Vormundschafts- und das Betreuungsrecht werden insgesamt neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zu Fürsorge und Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und, soweit erforderlich, an das Betreuungsrecht angepasst.
  • Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, das Selbstbestimmung und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinne von Artikel 12 UN-Behindertenrechtskonvention zu stärken.
  • Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.
  • Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt.
  • Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.
  • Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei ehrenamtlichen Betreuern wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt.
  • Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.
  • Der Entwurf sieht verschiedene Maßnahmen zur effektiveren Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Vorfeld der Betreuung, insbesondere an der Schnittstelle zum Sozialrecht, vor.
  • Die Verwaltung des Vermögens durch Betreuer und Vormünder soll modernisiert werden und künftig grundsätzlich bargeldlos erfolgen.
  • Schließlich sollen sich Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge kraft Gesetzes für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann.

Der Entwurf liegt nun zur Stellungnahme den Ländern und Verbänden vor. Wann genau diese Gesetzesnovelle in Kraft treten soll, lässt sich nicht aus dem Entwurf ableiten. Möglich erscheint die Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode, da die Reform des Betreuungsrecht 2017/2018 im Koalitionsvertrag festgelegt worden war.

Auch wenn die Spitzenverbände die geplante Reform als überwiegend positiv und als große Chance zur Weiterentwicklung des Betreuungsrechts sehen, gibt es hier und da Verbesserungsvorschläge. Auch scheint kritische Skepsis angebracht, wenn man betrachtet, wie lange nun schon um eine Reform des Betreuungsrechts gerungen wird (angefangen mit der IGES Studie, 2015 beauftragt und 2017 veröffentlicht) und ob die Reformen am Ende ausreichend sind und den Entwicklungen nicht hinterherhinken. Ähnlich verhält es sich mit dem im Juli 2019 in Kraft getretenen Gesetz zur Anhebung der Vergütung von beruflich tätigen rechtlichen BetreuerInnen. Diese Änderung sah eine Anhebung der Vergütung um durchschnittlich 17% vor, welche nach vielen jahren des Stillstands nach Auffassung vieler Fachleute allerdings zu gering ausfiel. 

[1] https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Reform_Betreuungsrecht_Vormundschaft.html (abgerufen am 18.08.2020)

 
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